Bundesgericht: Urteil 1C_543/2023 vom 7.3.2024 – die massgebenden Rechtshilfeabkommen mit Russland gelten weiterhin und die Schweiz ist grundsätzlich weiterhin verpflichtet, Rechtshilfe zu leisten

Bundesgericht: Urteil 1C_543/2023 vom 7.3.2024 – die massgebenden Rechtshilfeabkommen mit Russland gelten weiterhin und die Schweiz ist grundsätzlich weiterhin verpflichtet, Rechtshilfe zu leisten

Im Urteil 1C_543/2023 vom 7. März 2024 (zur amtl. Publ. vorgesehen), in welchem es um ein russisches Rechtshilfeersuchen, was dann im Jahr 2015 zu Sperren von diversen Bankkonten führte. Das Bundesgericht wertete den Fall als «besonders bedeutenden Fall» (E.1.2). Das Bundesgericht äusserte sich dann zu Art. 2 IRSG u.a. wie folgt: «Im vorliegenden Rechtshilfeverfahren geht es weder um eine Auslieferung noch um eine Herausgabe von Bankunterlagen oder Vermögenswerten, sondern lediglich um die Aufrechterhaltung einer Kontosperre. Hinzu kommt, dass sich der Beschwerdegegner nicht auf dem Gebiet des ersuchenden Staats aufhält. Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen ist gestützt auf seine eigenen Angaben vielmehr davon auszugehen, dass er sich im Vereinigten Königreich aufhält, wo ihm Asyl gewährt worden sei. Unter diesen Voraussetzungen ist es ihm nach der dargelegten Rechtsprechung verwehrt, sich auf Art. 2 IRSG zu berufen. Indem das Bundesstrafgericht diese Bestimmung dennoch anwendete, setzte es sich über die bundesgerichtliche Praxis zu deren Anwendungsbereich hinweg.» (E.4.3). Weiter ging das Bundesgericht auf die maximale Dauer der Beschlagnahme bzw. Kontensperre und die Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie ein, u.a. wie folgt: «Die rechtshilfeweise Sperre des Kontos des Beschwerdegegners wurde vor mehr als acht Jahren angeordnet (während sie im in BGE 149 IV 144 beurteilten Fall erst zweieinhalb Jahre gedauert hatte). Der damit einhergehende Eingriff in die Eigentumsgarantie ist einerseits nicht geringfügig, selbst wenn es sich nur um eine vorläufige Massnahme handelt. Andererseits sind die den Interessen des Beschwerdegegners entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen an der angeordneten Massnahme erheblich, weil die Gefahr besteht, dass die spätere Einziehung der Vermögenswerte mit mutmasslich deliktischem Ursprung bzw. ihre Aushändigung an geschädigte Personen im Falle einer Aufhebung der Kontosperre vereitelt werden könnte (vgl. Urteil 1B_570/2012 vom 25. März 2013 E. 6.2). Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdegegner nicht geltend macht, auf die gesperrten Gelder angewiesen zu sein (vgl. Urteil 1C_624/2022 vom 21. April 2023 E. 4.6). Hinzu kommt, dass das Bundesgericht eine Dauer, wie sie hier in Frage steht (insbesondere wenn das ausländische Strafverfahren beförderlich geführt worden war), in anderen Fällen nicht beanstandet hat (vgl. etwa BGE 126 II 462 E. 5e, Urteil 1C_239/2014 vom 18. August 2014 E. 3.3.2, TPF 2007 124 E. 8.2.3 sowie die Übersicht über die Rechtsprechung bei ROBERT ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 5. Aufl. 2019, Rz. 721). Schliesslich legen weder die Vorinstanz noch die Verfahrensbeteiligten dar, dass das russische Strafverfahren nicht hinreichend vorangetrieben worden wäre. Eine Verletzung der Eigentumsgarantie ist deshalb zu verneinen. Allerdings wird das BJ den Fortgang des russischen Strafverfahrens aktiv beobachten, das heisst, sich unbesehen eines entsprechenden Antrags des Beschwerdegegners nach dessen Stand erkundigen müssen. Gegebenenfalls wird es den russischen Behörden zur Wahrung der Verhältnismässigkeit eine Frist zur Vorlage eines rechtskräftigen russischen Strafurteils ansetzen müssen (vgl. BGE 149 IV 144 E. 2.6).» (E.5.2).

Mehr: https://strafrechtonline.ch/leiturteil-des-bundesgerichts-zur-frage-der-zulaessigen-dauer-einer-beschlagnahme-bzw-kontensperre/

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